Ja, ich bin eine „liberale“ Muslima. Warum betone ich das so sehr. Durch mein Studium des Islam, habe ich fest gestellt, dass diese Religion keine Gesetzesreligion ist, und der Koran kein Regelwerk ist, sondern eine Offenbarung.
Neu konvertiert bekam ich viele Ratschläge und Hinweise. Viele Dinge wusste ich noch nicht und war oft sehr überrascht, denn ich hatte vorher davon nichts gehört. Immer wurde mir mit der Hölle gedroht, wenn ich das und jenes nicht machte.
Von Anfang an habe ich kein Kopftuch getragen und das mit voller Absicht. Warum? Durch lesen vieler Bücher und dem Studium, wusste ich, dass der Islam eine ebenso patriarchalische Religion war, wie das Christentum.
Der Koran, die wichtigste Quelle des Islam, diente den männlichen Theologen dazu, die Unterdrückung der Frau zu legitimieren und zu rechtfertigen. Aber wenn man sich mit dieser Offenbarung befasst, merkt man, dass der Koran die Männer und Frauen gleichberechtigt sieht. Auch der Prophet hat in seinem Leben die Frauen geachtet, geehrt, sie nie psychisch oder physisch unter Druck gestellt. Er hat sie immer um Rat gefragt und ihre Meinung war ihm immer sehr wichtig.
Aber noch heute werden Frauen eingeschüchtert und in der Diskussion um dieses Kopftuch nicht akzeptiert, es gilt immer die Meinung der Männer. Warum das so viele, sehr intelligente Frauen mitmachen, kann ich bis heute nicht verstehen.
Der Tradition geschuldet werden Frauen immer noch als zweite Klasse angesehen.
Die Tradition verhindert, dass der Islam in die heutige Zeit kommt, in etwa 50 Versen lehrt uns der Koran, dass die Beibehaltung von Bräuchen der Vorfahren Ausdruck von Vielgötterei ist.
Warum wird oft die Tradition höher gewertet, als was in Wirklichkeit im Koran steht, es kommt davon, dass viele sich nicht mit dieser Religion befassen es ist ein Ausdruck von Ungelehrtheit und Unbelesenheit ist. Es ist der Beweis, dass man sich nicht mit der Religion auseinandersetzt und nicht seinen Verstand braucht.
Wenn man das nämlich macht, dann kommt man darauf, das der Koran in diese Zeit gehört und in dieser Zeit ist, nur zu viele Muslime sehen das nicht und wüten gegen die Menschen, die das propagieren.
Man sagt, dass ein Mensch, der die fünf Elemente des Islams nachkommt – Glaubensbekenntnis- die Gebete – Fasten – die Wallfahrt – und – Entrichten der Sakat – ein guter Muslim ist, aber was ist denn mit den Vorgaben, die der Koran in seinen 6.300 Versen vorgibt?
Pflichten im Islam, dies kommt im Koran nicht vor. In der Offenbarungsschrift ergeben sich kultische Pflichten, dazu zählen Aufrichtigkeit, Reinlichkeit, einer Arbeit nachgehen, Achtung der Menschenrechte und des Rechts allgemein, sich übler Nachrede zu enthalten, nicht betrügen, gehören diese Dinge nicht zu den „Pflichten“ eines Muslims?
Das sind Dinge, die in unsere Zeit gehören und die uns diese Schrift, die uns im 7. Jahrhundert offenbart wurde, enthält.
Auch ein Beispiel wie verheerend Traditionen sind: Noch heute werden Frauen und Männer getrennt, beim Essen, bei Feiern, aber im Koran steht etwas ganz anders:
Wollen wir doch mal gemeinsam lesen:
Surah Al-Noor
Kein Vorwurf trifft den Blinden, noch trifft ein Vorwurf den Gehbehinderten, kein Vorwurf trifft den Kranken oder euch selbst, wenn ihr in euren eigenen Häusern eßt oder den Häusern eurer Väter oder den Häusern eurer Mütter oder den Häusern eurer Brüder oder den Häusern eurer Schwestern oder den Häusern eurer Vatersbrüder oder den Häusern eurer Vatersschwestern oder den Häusern eurer Mutterbrüder oder den Häusern eurer Mutterschwestern oder in einem (Haus), dessen Schlüssel in eurer Obhut sind, oder (in dem Haus) eures Freundes. Es ist keine Sünde für euch, ob ihr nun zusammen oder getrennt eßt. Doch wenn ihr in Häuser eintretet, so begrüßt einander mit einem gesegneten, lauteren Gruß von Allah. So macht euch Allah die Gebote klar, auf daß ihr (sie) begreifen möge? (61)
Der Islam als Religion darf nicht einfach als die Umsetzung dessen angesehen werden, was im Koran steht. Ein naives Verständnis von Religion suggeriert uns, man müsse nur die richtige Interpretation des Korans herausfinden, und schon wisse man, was Islam bedeute. Aber Islam ist wie jede andere Religion auch, das Ergebnis des Interpretierens und Handelns konkreter Menschen. Was heute als islamische Religion in Erscheinung tritt, ist historisch gewachsen. Schließlich stehen heutigen Muslime nicht als erste vor der Situation, uns mit unserer heiligen Schrift zu befassen und sie auf Situationen anzuwenden, die darin nicht explizit angesprochen sind. Gläubige früherer Zeiten haben dies getan. Sie kamen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen, auch wenn die Rede von „dem“ Islam die Historizität der Vielfalt der Religion verwischt.