Wir Muslime sollen nach dem Vorbild unseres Propheten, Friede und Heil auf ihn, leben. Das heißt nach der Sunna leben. Deswegen muss man viel über das Leben von Mohammed, Friede und Heil auf ihn, wissen, um ihm nachzueifern.
Islamisches Wort
Von Hilal Sezgin
Von dem Schriftsteller Edgar Allen Poe erschien 1844 die Kriminalgeschichte „Der entwendete Brief“. Darin sucht die Polizei lange vergeblich nach einem gestohlenen, geheimen Schriftstück. Erst der Detektiv Dupin kann es finden: Der Brief steckt in einer ganz normalen Ablage, genau dort, wo Briefe hingehören. Dass er so sichtbar war, war gerade der Grund dafür, dass ihn alle übersehen hatten.
Wir mussten diese Geschichte in der Schule lesen, und ich fand den beschriebenen psychologischen Mechanismus immer total unwahrscheinlich. Bis ich neulich die Parallele zu einem gewissen anderen Phänomen entdeckte. Ich überlegte nämlich, was wir TATSÄCHLICH über die Frauen in der Frühzeit des Islams wissen. Mohammed und die Frauen: Im Abendland wird diese Frage so stark mit dem Thema Polygamie assoziiert, dass man sich fast schon scheut, genauer hinzuschauen. Aber wagen wir es doch einfach mal!In erster Ehe war Mohammed mit einer reichen Frau namens Khadidscha verheiratet. Davor hatte er für sie als Karawanenführer gearbeitet. Als er sich bewährt hatte, machte sie ihm einen Heiratsantrag. Für sie war es bereits die dritte Ehe. Sie war, wir wissen es nicht genau, fünf oder möglicherweise auch fünfzehn Jahre älter als er. Als Mohammed seine erste Offenbarung erhalten hatte, war er furchtbar verunsichert, was ihm widerfahren war. Zu wem ging er, um sich Rat zu holen? Er ging zu Khadidscha.

Man sollte diese Fakten ruhig einmal auf sich wirken lassen, und gern auch mit unseren heutigen Verhältnissen vergleichen. Mohammed liebte seine Chefin. Er hatte keinerlei Probleme damit, von ihr Anweisungen zu empfangen und diese auszuführen, und auch keins damit, dass sie es war, die Geschäft und Geld mit in die Ehe brachte. Da findet sich kein Fünkchen Machotum von wegen Familienernährer oder Familienoberhaupt. Da wird „weiblichen Führungskräften“ nicht insgeheim der Gehorsam verweigert. Und in dem Moment, als sein Leben eine – für ihn noch nicht ganz fassbare – Wendung nimmt, sucht er sich nicht etwa einen männlichen Berater, sondern bespricht die Sache mit seiner Frau.
Ich frage mich, wie viele vermeintlich moderne Männer – ob muslimisch oder nicht – so viel Kompetenz und sogar zeitweilige Überlegenheit seitens einer Frau akzeptieren – und sie dafür sogar lieben können! Schließlich war es kein Mutter-Sohn-Verhältnis, der Ehe entsprangen mindesten fünf Kinder. Und weit davon entfernt, als „Jungfrau“ in die Ehe zu gehen, wie es heute offenbar viele alte Männer von ihren jungen Bräuten erwarten, war Khadidscha bereits mehrfache Mutter.
In späteren Jahren, Khadidscha war gestorben, heiratete Mohammed mehrere Frauen, die übrigens auch sämtlich verwitwet oder geschieden waren – und eine ganz junge: Aischa. Nach heutigen Maßstäben wäre sie noch ein Kind. Doch die Ehe mit dem wesentlich älteren Propheten scheint für Aischa keine Abhängigkeit bedeutet zu haben. Sie machte aus ihr kein braves Frauchen, keine stumme Maus, im Gegenteil. Nach Mohammeds Tod gehörte Aischa zu den ersten, wichtigen Interpretinnen und Interpreten des Korans und der Prophetenworte. Man hörte auf das, was sie zu sagen hatte. Später spielte sie eine entscheidende Rolle in der Opposition gegen den Kalifen Uthman, sprach sich dennoch gegen seine Ermordung aus – und führte danach den politischen und militärischen Aufstand gegen Ali an.
Kommentar verfassen